Magie?
Michael Baigent und Richard Leigh
Verschlußsache MAGIE
Wir werden noch immer von magischen Kräften gesteuert
Droemer Knaur 1997
ISBN 3-426-27001-3
„Magie” ist ein Schlagwort, das vom Hauch des Geheimnisvollen umgeben ist. „Verschluss-Sache”, in Verbindung mit „Magie”, impliziert, dass es hierbei nicht nur um Geheimnisvolles, sondern zusätzlich noch um Geheimes geht, das in diesem Buch aufgedeckt werden soll. Dazu der Untertitel „Wir werden noch immer von magischen Kräften gesteuert” macht neugierig und erzeugt eine gewisse unterschwellige Angst, wer denn wo mit wem und mit was uns gegen unseren Willen steuert. So gesehen ist die Titelauswahl für einen Verkaufserfolg geradezu prädestiniert. Ich frage mich, ob diese gezielte Titelauswahl bereits zu den im Buch genannten „magischen Anwendungen” gehört? Denn: der Buchinhalt stimmt recht wenig mit dem Titel überein.
Das Buch ist gut geschrieben und sehr gut, fehlerfrei (!) und flüssig lesbar, aus dem Englischen übersetzt. Doch werden jene Käufer enttäuscht sein, welche die vorherigen Bücher von Baigent & Leigh gelesen haben und ein ähnlich recherchiertes Buch erwarten. Die Autoren haben ein Sammelwerk ihrer jahrelangen Recherchen vorgelegt und alle diejenigen Dinge, die irgendwie mit „Magie” in Zusammenhang gebracht werden können, veröffentlicht. „Magie“, was ist das? wird leider nicht erklärt. Der Leser muss anhand der geschichtlichen Abhandlungen selbst entscheiden, ob er (beispielsweise) die Alchemie mit zur Magie zählen will oder nicht. Sicher - das unterstelle ich den Autoren und ihren bekannt gewissenhaften Recherchen - zeigt das Buch, als Geschichtsbuch gesehen, mehr Einzelheiten und genauere Darstellungen von Begebenheiten oder Beschreibungen von Lebensläufen wichtiger Persönlichkeiten als herkömmliche Lexika oder Geschichtsbücher. Doch wo bleibt der „magische” Aspekt? Von Hermes zu Hermetik und Gnosis. Von „Magie im frühen Mittelalter” (ich konnte beim besten Willen nichts „Magisches” daran finden) über die Kreuzfahrer und die Renaissance zum Faustus. Faust als das „Urbild” des Magiers hat es den Autoren angetan, denn seine „Vorspuren” suchen sie schon vor dem Mittelalter. Von John Dee über Giordano Bruno bis zu den Geheimgesellschaften. Viele Dinge werden von den Autoren der „Magie” zugeordnet, bei denen - meiner Meinung nach - kaum ein Zusammenhang dazu besteht. „Magische Architektur“: was hat es mit Magie zu tun, wenn ein Gebäude nach komplizierten geometrischen oder geomantischen Mustern errichtet wird? Wenn Landschaften nach geometrischen (und geomantischen) Regeln gestaltet werden? Dann ist wohl jeder Rutengänger ein Magier? Gesetzt den Fall, ein Besucher jener Meisterwerke erführe irgendeine Reaktion, ob geistig oder körperlich, so könnte man noch von angewandter Magie sprechen. Da das nicht der Fall ist, sind es für mich „nur” Kunstwerke, in denen zwar - siehe die Forschungen von Volker Ritters - durchaus kompliziert verschlüsselte Botschaften enthalten sein können, doch hat das wenig mit Magie zu tun.
[(c) 1999 Gernot L. Geise]