„Einer Neuen Wissenschaft den Weg bahnen!“
Buchbesprechung von Dieter Vogl, Marina di Massa
Veröffentlicht in EFODON-SYNESIS Nr. 22/1997
Als ich zum ersten Mal hörte, dass es da einen Autor gibt, der es sich auf seine Fahne geschrieben hat, die wissenschaftliche Welt zum Nachdenken aufzufordern, um dadurch in den renommierten Schulwissenschaften eine Art Kulturrevolution vom Zaun zu brechen, habe ich ganz spontan an den englischen Juristen und Staatsmann Francis Bacon (1561-1626) gedacht. Im Gegensatz zu Bacon, der seines Zeichens weder Wissenschaftler noch Philosoph war und der es dennoch fertiggebracht hat, die Wissenschaft darauf hinzuweisen, dass nur durch Empirismus (Novum organum scientiarum) echte Wissenschaft möglich ist, vereinigt der studierte Wissenschaftsphilosoph und Wissenschaftsgeschichtler Dr. Horst Friedrich alle Voraussetzungen, um den Schulwissenschaftlern gehörig den Marsch zu blasen. Ebenso scheint er durch sein Studium befähigt zu sein, die derzeitige Schieflage unserer scholastisch geprägten Schulwissenschaften, die gelegentlich Wissenschaft als Ideologie und nicht selten sogar als unantastbare Ersatzreligion betrachtet, wieder zurechtzurücken.
Mit Sicherheit - und dies ist einmal unabhängig vom Inhalt seines Buches - hat Dr. Friedrich recht, wenn er die Frage stellt, ob unsere derzeitig praktizierte Wissenschaft das ihr entgegengebrachte Vertrauen wirklich verdient hat. Er wird sich in diesem Zusammenhang nur ebenfalls fragen müssen, ob er durch sein aufmüpfiges Fragestellen nicht auch, vor allem aufgrund seines akademischen Ranges, zum „Nestbeschmutzer“ wird? Ich vermute jedoch, Friedrich hat sich lange genug mit dieser Frage auseinandergesetzt und ist dann, - wie sein vorliegendes Buch recht deutlich beweist -, zur Auffassung gelangt, es muss etwas getan werden gegen die aufkeimende Neoscholastik, gegen das Zweierlei-Maß-Messen und gegen das wissenschaftliche Sektierertum.
Diese wertvolle und äußerst lesenswerte Arbeit ist dazu geeignet, die wahren Ziele der Wissenschaft zu hinterfragen, ihre fragwürdigen Methoden ins Kreuzfeuer zu nehmen und eine Kritik am derzeitigen wissenschaftlichen System zu üben. Dabei zeigen die reichhaltig vorhandenen und vor allem charakteristischen Beispiele aus dem Inhalt des Buches recht deutlich, wo die Motive und in der Hauptsache, wo letztlich die Defizite der wissenschaftlichen Forschung liegen.
Friedrichs Buch macht des weiteren deutlich, dass die Wissenschaft, neben den Dogmatikern, die sich ängstlich an die scheinbar gesicherten Weltbilder klammern und in ihrer vorgefassten Meinung keinen Außenseiter dulden, ein vollkommen neues Weltbild braucht. Es macht ferner deutlich, dass wir endlich die alten Paradigmen über Bord werfen und sie dann durch neue, alternative und dadurch durch bessere ersetzen müssen. Mit absoluter Sicherheit wird dann, vor allem, wenn sich diese neuen Paradigmen als frischer Wind in den einzelnen Fachbereichen niederschlagen, die von Friedrich postulierte und herbeigesehnte wissenschaftliche Kulturrevolution eintreten und Früchte tragen, indem sich die Wissenschaft von Grund auf erneuert.
Kommen wir noch einmal auf Bacon zurück. Wie ich bereits sagte, hat mich das Vorhaben von Friedrich an diesen großen Denker erinnert und jetzt, da ich sein Buch gelesen habe, erlaube ich mir sogar einen direkten Vergleich zu ziehen. In seiner Schrift, ,,Das Neue Organon” schreibt Bacon in seiner Vorrede zum ersten Buch folgende Sätze, mit denen man auch Friedrichs Buch recht gut charakterisieren kann:
,,Meine Forderungen, die ich stelle, sind folgende: Von mir selbst schweige ich; um der Sache willen aber, die erörtert wird, bitte ich, dass die Menschen sie nicht für eine vorgefasste Meinung halten, sondern als ein ernstes Werk anerkennen und sich überzeugen, dass ich nicht Grundlagen für irgendeine Sekte oder Lehrmeinung erstrebe, sondern Nutzen für die Größe der Menschheit suche.”
Horst Friedrich:
„Einer Neuen Wissenschaft den Weg bahnen!“
200 Seiten, ISBN 3-9804300-8-1
EFODON-Edition-MESON ME-9
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